
Europas Zukunftskonferenz in Zeiten von Corona – Über die Zukunft Europas reden mit Helmut Scholz
Ein interessanter Europäischer Salon mit Helmut Scholz, Mitglied des Europäischen Parlaments, Partei Die Linke.
Wir haben im „Europäischen Salon“ gemeinsam die Zukunft der Europäischen Union thematisiert und uns ausführlich mit der anstehenden „Konferenz zur Zukunft Europas“ und was diese nach Brexit und Corona-Krise bedeuten könnte befasst.
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Die Europäische Union wurde auf Solidarität gegründet. Robert Schuman – einer der Gründungsväter der Union – stellte die Idee ins Zentrum. Doch die Europäische Solidarität wird in Krisenzeiten regelmäßig auf die Probe gestellt.
Klimakatastrophe, Konzerne, die keine Steuern zahlen, die Auswirkungen der Digitalisierung – kein Land kann diese Probleme alleine lösen. Dafür brauchen wir eine starke und handlungsfähige Europäische Union.
Die Europäische Kommission hat im Januar die Ideen zur Konferenz zur Zukunft Europas vorgestellt.
Beginnen sollte die Konferenz am Europatag, also am 9. Mai 2020. Die Corona-Krise hat den Beginn der Konferenz auf unbestimmte Zeit verschoben. Ziel der Konferenz soll sein, dass die Stimme der Europäer*innen beim Handeln der Europäischen Union besser gehört wird. Die Konferenz soll auf früheren Erfahrungen, zum Beispiel mit Bürgerdialogen, aufbauen. In einem zweijährigen Prozess sollen alle Europäischen Institutionen zusammenkommen, um mit Bürger*innen aus allen EU-Mitgliedstaaten die Prioritäten für die EU zu diskutieren.
Das Europäische Parlament hatte sich bereits zu Jahresbeginn umfassend für eine Zukunftskonferenz unter Beteiligung von EU-Institutionen und Bürger*innen ausgesprochen. Helmut Scholz kritisiert, dass in den vergangenen Monaten viel zu wenig praktisch unternommen wurde. Sicherlich hat die Corona-Pandemie Zeitplanungen erschwert und neue Fragen nach den Rahmenbedingungen für diese breite Aussprache aufgeworfen. Bisher gibt es aber keine politische Einigung zwischen Rat, Europäischem Parlament und Kommission.
Die Tagung des Ausschusses für konstitutionelle Fragen des Europaparlaments hat am 8. September durchaus deutliche Impulse gegeben. Helmut Scholz, der verfassungspolitische Sprecher der LINKEN im Europäischen Parlament sagte: „Dazu gehört, dass Staatsminister Roth, der als Vertreter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft teilnahm, die Absicht bekräftigte, noch im zweiten Halbjahr 2020 mit der Konferenz zu beginnen und ausdrücklich auch die vom Europäischen Parlament eingeforderte gleichberechtigte Einbeziehung von Bürger*innen aller 27 Mitgliedstaaten bekräftigte – selbstverständlich mit Verfahren, die der Corona-Pandemie Rechnung tragen.“
Helmut Scholz weiter: „Selbst wenn der Hinweis von Staatsminister Roth, dass der Rat auch in der Frage der Zukunftskonferenz eine einstimmige Position beziehen muss, gerechtfertigt ist, darf es keine weitere Verzögerungstaktik der Regierungen in dieser Frage geben.“
Helmut Scholz: „Selbst wenn die Komplexität der Themenstellungen durchaus groß ist und hier sehr unterschiedliche politische und gesellschaftliche Meinungen zusammentreffen, kann das kein Grund zur weiteren Verzögerung sein. Vielmehr muss es Bezugspunkt für einen so schnell wie möglich zu vollziehenden Start der Konferenz über die Zukunft der EU werden. Eine gründliche Bestandsaufnahme und neue Ideen sind gefragt, um den Erwartungen der Menschen nach Veränderungen in Politik und Verfasstheit der EU zu entsprechen und somit der europäischen Idee eines sozialen, friedlichen und solidarischen Zusammenlebens neue Kraft zu verleihen.“
„Nach den Vorstellungen des Parlaments soll die Konferenz der EU zu mehr Demokratie und Transparenz verhelfen und sicherstellen, dass die Staats- und Regierungschefs die Kommissionsspitze nicht mehr im Hinterzimmer wählen. Ursula von der Leyen ist mit dem Versprechen angetreten, das Spitzenkandidaten-Prinzip demokratisch klar zu verankern. Dies geht für uns am besten zusammen mit der Einführung transnationaler Listen. Jeder kann dadurch direkt für eine europaweit aufgestellte Partei stimmen.“
Scholz bekräftigt, dass das Europaparlament gemeinsam mit anderen europäischen Institutionen den Rat weiter drängen wird, sich konstruktiv zu COFE zu verhalten und begrüßt deshalb die deutliche Stellungnahme der deutschen EU-Ratspräsidentschaft: “Kein politischer Prozess, der transparent gemacht wird, der demokratische Mitwirkungsmechanismen und Strukturen entwickelt – und dazu gehört das Nachdenken über die Zukunft Europas mit zuvorderst – kann einfach ad acta gelegt werden, auch nicht unter komplizierten Rahmenbedingungen oder wenn die vorliegenden oder erwarteten Ergebnisse nicht gefallen. Jetzt ist es an der Zeit, die Voraussetzungen für den Start zu schaffen, einschließlich der politischen und strukturellen Ausgestaltung der Konferenz, der Schaffung von digitalen Pattformen – EU-weit und dezentral – und auch die Einbindung der Konferenz in den EU-Haushalt. Sich diesen Aufgaben nicht zu widmen, bedeutet wichtige Reformen auf die lange Bank zu schieben. Und bedeutet wiederum Schaden für das demokratische Miteinander in der EU.”
„Wie können wir friedlich miteinander eine Zukunft für Menschen, für neue Generationen, generieren? Dies ist die eigentliche Aufgabenstellung, die vor uns steht. Die Konferenz ist ein Bestandteil einer gesamtgesellschaftlichen Debatte über die Art und Weise, wie wir Zukunft gestalten wollen. Und dafür haben wir ein zentrales Kriterium, die Agenda 2030 mit den 17 Nachhaltigkeitszielen. Sie muss zentrales Kriterium für jede horizontale Politikentscheidung national und europaweit werden.“
Die Debatte über die Zukunft Europa hat längst begonnen. Der Europäische Salon war nur ein Beispiel dafür. Wir sind mit unserem „Europäischen Salon“ bereits mittendrin in der Zukunftskonferenz.
Eine spannende Diskussion zum Nachhören und Ansehen! Es lohnt sich!
Moderiert wurde der Abend von Christoph Nitz, Sitzungswoche und Stefan Stader, Willi-Eichler-Akademie e.V..
Danke für den Abend, die Diskussion zur Zukunft Europas und der damit verbundenen Suche nach Lösungsansätzen für Herausforderungen der heutigen Zeit.