
Deutschlands Außenpolitik – wie weiter mit Polen und Russland?
Dokumentation der Fortsetzung unserer Diskussion mit Dietmar Nietan, MdB, Vorsitzender der Deutsch-Polnischen Gesellschaft und Dr. Basil Kerski, Direktor des Europejskie Centrum Solidarności, das Europäische Solidarność-Zentrum unter der moderierenden Leitung von Dr. Klaus-Jürgen Scherer zum Thema „Deutschlands Außenpolitik – wie weiter mit Polen und Russland?“
In unserem „Europäischen Salon“ versuchen wir, die gemeinsamen europäischen Probleme unserer Zeit in den Blick zu nehmen – diesmal unter dem besonderen Blickwinkel in Bezug auf die Probleme und Spannungen im Verhältnis von Deutschland, Polen und Russland.
In der Ostpolitik von Brandt und Bahr hieß es, „Gräben zu überwinden, nicht zu vertiefen“. Wo stehen wir heute im Verhältnis zwischen Deutschland und Russland, ganz besonders in Bezug auf unsere Nachbarn im Osten? Ist der Frieden in Europa in Gefahr? Liegt die europäische, die Weltordnung also in Scherben und ist die Gefahr neuer Kriege mit unkontrollierbaren Folgen auch angesichts der Corona-Krise real?
Vor 50 Jahren, im August 1970, wurde der Vertrag von Moskau geschlossen. Man vereinbarte, Konflikte friedlich zu lösen. Die Bundesrepublik erkannte die bestehenden Grenzen an, insbesondere die zu Polen. 1964 hatte Bundeskanzler Erhard die Oder-Neiße-Grenze noch abgelehnt. Doch am 7. Dezember 1970 wurde dies im Warschauer Vertrag mit Polen bekräftigt. Während der Verhandlungen besuchte Bundeskanzler Willy Brandt das ehemalige Warschauer Ghetto. Sein Kniefall dort wurde berühmt als Geste der neuen Entspannungspolitik.
Der russische Präsident Wladimir Putin nutzte in diesem Jahr den 75. Jahrestag des Kriegsendes für eine ungewöhnliche Maßnahme: Er veröffentlichte einen Grundsatzartikel in seinem Namen unter dem Titel: „75. Jahrestag des Großen Sieges: Gemeinsame Verantwortung vor Geschichte und Zukunft“. Ein langer Text, in dem er Ursachen des schrecklichsten Konfliktes des 20. Jahrhunderts analysiert. Der Beitrag befasst sich mit der internationalen Nachkriegsordnung und den Vorschlägen für eine weitere Kooperation zwischen führenden Ländern der Welt. Das deutsch-russische Verhältnis gleicht einem Scherbenhaufen: Die Hoffnung auf Entspannung – mit dem Fall des Eisernen Vorhangs zum Greifen nah – hat sich 30 Jahre später zerschlagen. Russland scheint wieder zum Feindbild geworden.
Brauchen wir einen Perspektivwechsel in Bezug auf Russland, wie es Matthias Platzeck und Gerhard Schröder fordern? Also kann es in Europa keine friedliche Zukunft gegen oder ohne Russland geben? Was bedeutet heute das Ziel von Bahr und Brandt in Bezug auf das berühmte Wort „Wandel durch Annäherung“?
An diesem Abend haben wir einen wichtigen Dialog geführt – über die Chancen und Gefahren, die Folgen in der Wahrnehmung nach 1945 und das Überqueren von Grenzen zwischen Polen und Deutschland. Es wurde diskutiert über die alte und neue Ostpolitik 50 Jahre nach dem Kniefall Willy Brandts in Warschau. Die Ostpolitik muss eine Zukunftsdebatte über Europa werden. Sie muss den Dialog zwischen den Bürgerinnen und Bürgern in Europa ermöglichen.
Eine spannende Diskussion zum Nachhören und Ansehen – es lohnt sich!